Nachdem ich jetzt genügend Abstand zu den Erlebnissen habe, versuche ich mich mal an einem Bericht.
Da ich nach der „Tat“ verletzt war und man irrtümlicherweise von einem Suizidversuch ausgegangen ist, bin ich nach dem Haftrichter im Justizvollzugskrankenhaus (JVKH) Hohenasperg gelandet.
Das JVKH ist eigentlich nur für Männer, aber es gibt auch eine kleine Station für Frauen, in welcher ich für drei Monate inhaftiert war.
Die Station besteht in der Regel aus drei Zellen:
1 x mit vier Betten (Kameraüberwachung möglich)
1 x mit zwei Betten (ebenfalls Kameraüberwachung möglich)
1 x mit frei Betten
Ich bin in der Zelle mit vier Betten gelandet, weil das zum damaligen Zeitpunkt die einzige Zelle mit Nichtraucher war. Die meiste Zeit waren nur drei Betten belegt und wir waren nur tageweise vier Leute. Ehrlich gesagt war die Belegung mit vier Frauen auch schrecklich, weil es zu eng war. Im JVKH wurde bei den Frauen nicht zwischen U- und Strafhaft unterschieden und wir waren gemischt.
Ich habe keinen Vergleich dazu, wie z.B. die Zellen in Schwäbisch Gmünd sind, aber ich würde es jetzt mal als zweckmäßig Beschreiben. In meiner Zelle gab es zwei Waschbecken, vier kleine Schränke und ein abgetrenntes WC. Natürlich hatten wir auch einen großen Tisch und Stühle. Die Betten waren typische Krankenhausbetten. Pro Zelle gab es auch ein TV Gerät, dass wir kostenlos nutzen konnten.
Der Tagesablauf war zäh.
Wir sind meistens gegen 7 Uhr aufgestanden, da es ab 7:30 Uhr Frühstück und Medikamente, sofern man welche genommen hat, gab.
Mo – Mi – Fr war es morgens auch möglich zu duschen. Es konnten immer zwei Frauen gleichzeitig die Sanitäreinrichtung nutzen.
Hofgang war jeden Tag von 10 Uhr bis 11 Uhr. Die Frauen haben einen extra Hof, da es uns untersagt war, Kontakt zu den inhaftierten Männern zu haben. Der Hof für die Frauen war sehr trist. Während die Männer z.B. einen Sportplatz mit Geräten hatten, war der Hof der Frauen vielleicht so groß wie ein halber Fußballplatz. Mehr wie im Kreis gehen oder auf einer der Bänke sitzen war nicht möglich. Irgendwann hat man uns darauf hingewiesen, dass es Federballschläger gibt, mit denen wir spielen könnten…
Mittagessen gab es jeden Tag um 11:30 Uhr. Ich bin Vegetarierin und naja. Es war kein Luxusessen, aber ich habe z.B. im Krankenhaus schon schlechteres Essen bekommen. Es gab oft Nudeln oder Reis, aber mich hat das jetzt nicht gestört. Die Portionsgröße war okay und es gab auch regelmäßig die Möglichkeit einen Nachschlag zu bekommen. Es gab auch fast jeden Tag eine Art „Nachtisch“. Joghurt, Pudding, Obst…
Nachmittags hatten wir unter der Woche die Möglichkeit 2 h zur Ergotherapie zu gehen. Für mich war das eine willkommene Abwechslung. Wir haben dort Körbe geflochten, mit Ton gearbeitet, Laubsägearbeiten o.ä. gemacht. Worauf man eben Lust hatte und wofür es Material gab. Oft haben wir auch Spiele gespielt.
Im Anschluss an die Ergo gab es 1 h Aufschluss.
Einmal in der Woche hatten wir auch die Möglichkeit en einem Gesprächskreis mit der Pfarrerin teilzunehmen. Da ging es nicht um irgendwelche religiösen Dinge und es war einfach Abwechslung zum tristen Alltag.
Nach dem Aufschluss gab es Abendessen. Das Frühstück und Abendessen waren mein größtes Problem, weil es immer das gleiche Brot und meistens den gleichen Käse gab. Selten gab es Brötchen. Allerdings ist das jammern auf hohem Niveau.
Kleidung etc. hatten wir Anstaltskleidung. Jogginghose und T-Shirt / Sweat – Shirt. Nicht toll, aber für die Situation ausreichend. Wäschetausch war zweimal in der Woche. Bettwäsche wurde einmal in der Woche gewechselt.
Es gab die Möglichkeit Bücher auszuleihen. Auf unseren Stationsflur gab es eine Art Bücherregel, in welchem Spiele und Bücher lagen. Des Weiteren gab es die Möglichkeit Buntstifte auszuleihen, diese mussten aber um 20 Uhr abgegeben werden. Wenn man irgendwelche besonderen Bücherwünsche gehabt hätte, hätte es die Möglichkeit gegeben das über die Pfarrerin zu besorgen.
Da ich psychisch krank war/bin und schon vor der U-Haft in Therapie war, hatte ich auch im JVKH therapeutische Gespräche. Meistens 1 bis 2 Stück je Woche.
Visite war einmal in der Woche. Da hat gefühlt jeder teilgenommen, der in die Behandlung involviert war. Einmal in der Woche hatten wir anstelle der Ergotherapie auch die Möglichkeit Sport zu machen. Naja, also Sport konnte man das nicht bezeichnen, man konnte sich bewegen
Tischtennis, Gymnastik usw. wurde da gemacht.
Mit dem Sozialdienst hatte ich gute Erfahrungen. Ich wurde z.B. dabei unterstützt die Dinge mit meinem Arbeitgeber zu klären oder später, wie ich direkt nach der Haft versichert bin, weil mein Arbeitgeber mich nicht gleich am Tag 1 nach der Entlassung anmelden konnte und ich Medikamente benötigt habe. Meine Eltern hatten auch viel Kontakt zum Sozialdienst u.a. wie ich an Geld für den Einkauf komme etc.
Da es therapeutisch sinnvoll war, dass ich mein Fernstudium fortführe, hat sich der Sozialdienst auch mit meiner Hochschule in Verbindung gesetzt bzgl. Unterlagen. Prüfungen etc. durfte ich aber keine ablegen. Es ging lediglich um das durcharbeiten der Studienbriefe.
Telefonieren war für alle am Wochenende. Man musste das anmelden und hatte dann ca. 10 Minuten.
Besuche hatte ich 3 x 30 Minuten im Monat, wie es während der U-Haft dort üblich ist. Zum Glück war damals kein Besuchsverbot aufgrund Corona.
Jetzt kommt vermutlich meine subjektive Meinung:
Von den Beamten gab es solche und solche, so wie es eben überall ist. Ich war immer freundlich und hatte auch nie den Eindruck, dass ich unfreundlich behandelt wurde. So wie man in den Wald hineinruft usw.
Ja, das ich in Haft war, war sch…., aber dafür konnten die Leute, die dort gearbeitet haben, nichts. Da muss ich mich an anderer Stelle bedanken
Ich hatte schon den Eindruck, dass man bemerkt hat, dass ich da nicht hingehöre. Deswegen hat man sich z.B. auch dafür eingesetzt, dass ich einen bestimmten Arzt als Gutachter bekomme um alles aufzuklären, der dann ja dazu beigetragen hat, dass ich freigesprochen wurde.
Es war keine einfache Zeit. Eingesperrt und dann drei Frauen in einer Zelle. Das schreit schon nach Konflikten.
Ich habe bei meinem Beitrag ganz vergessen auf die Wochenenden eingehen, was ich gerne nachholen möchte 
Am Wochenende gab es das Frühstück „erst“ gegen 8 Uhr. Zwischen Frühstück und Hofgang hatte man die Möglichkeit zu einem Gottesdienst zu gehen. Dieser ging ca. 30 Minuten und es wurde im Normalfall jede Woche zwischen evangelisch und katholisch abgewechselt. Obwohl ich ohne Konfession bin, bin ich, wie die meisten anderen Frauen auch, hin, weil es irgendwie doch eine Abwechslung war.
Der Hofgang und das anschließende Mittagessen waren wie sonst unter der Woche auch. Ich kann jetzt rückblickend nicht mehr sagen, ob es am Wochenende anderes Essen gab, wie unter der Woche.
Das Nachmittagsprogramm bestand dann nur noch aus 1 h Aufschluss und Wäschetausch. Während dem Aufschluss hatte man die Möglichkeit für 10 Minuten zu telefonieren. Manchmal war es auch noch möglich, dass bisschen Umschluss gemacht wurde, weil die Wochenenden echt zäh war.
Je nachdem welche Beamten da waren, habe ich die Wochenenden als „schlimm“ empfunden. Es gab Beamten, bei denen wussten wir, dass sie, wenn es der Ablauf zulässt, auch mal ein Auge zudrücken und länger Aufschluss machen. Naja und es gab Beamte, die Dienst nach Vorschrift gemacht haben.
Die Möglichkeit auf der Zelle zu spielen, zu malen usw. gab es selbstverständlich auch am Wochenende.
Ich habe meine Wochenenden oft dafür genutzt, Briefe an meine Angehörigen und Freunde zu schreiben.
Was ich als sehr kontraproduktiv empfunden habe, war, dass man sich ins Bett legt und sich vom TV berieseln lässt. Das kann man mal ein, zwei Tage machen, aber dauerhaft finde ich das problematisch. Ich hatte auch immer den Eindruck, dass viel Wert darauf gelegt wird, dass wir eben nicht die vielen Stunden im Bett verbringen, sondern dass wie versuchen uns zu beschäftigen. Liegt vielleicht auch daran, dass u.a. ich als Grunderkrankung Depressionen habe und es da kontraproduktiv ist, sich nur ins Bett zu legen.
Ich war immer froh, wenn es Montag war und wenn wieder ein bisschen mehr Programm war.
Nein, viel war das wirklich nicht, vor allem nicht, wenn man bis zur Haft mit einer 40 h Woche berufstätig war usw.
Mir hat die Zeit auch gezeigt, wie schnell man in Haft landen kann. Wie schnell etwas total Einschneidendes passieren kann und das Leben innerhalb weniger Stunden ein anderes sein kann.
Mir hat die Zeit aber auch gezeigt welche Parallelwelt hinter Gittern stattfindet. Ich war zwar im Rahmen meines Ehrenamtes in einer anderen JVA als Besucher und habe das schon ziemlich bedrückend erlebt, aber wie es tatsächlich ist, kann man sich nicht vorstellen.
Heute bin ich froh, dass ich das Kapitel hinter mich lassen konnte. Ich bin auch dankbar dafür, dass es mir nirgendwo zum Nachteil ausgelegt wurde, was mir passiert ist.