Haftbefehl veröffentlicht

Der Dresdner Justizvollzugsbeamte Daniel Z. hat ein eigentümliches Verständnis seiner Aufgabe. Er gab zu, einen Haftbefehl abfotografiert und verschickt zu haben. Sein Ziel: Er wolle, dass die Wahrheit ans Tageslicht komme. So steht es in einem Statement, das sein Anwalt verbreitete.


Der Haftbefehl richtet sich gegen einen Iraker, der in Chemnitz einen 35-Jährigen erstochen haben soll. Ein Verbrechen, das aufgeklärt werden muss. Nur ist das nicht die Aufgabe von Daniel Z., sondern die der Polizei und der Staatsanwaltschaft.


Daniel Z. hat die Ermittler mit seinem Verhalten dabei eher behindert. Da sich der JVA-Beamte nach eigener Aussage nicht einmal die Mühe machte, den Haftbefehl zu schwärzen, müssen die darin namentlich erwähnten Zeugen jetzt von Beamten geschützt werden. Mit gutem Grund berichten Medien über Strafverfahren nach klaren Kriterien: Es gelten die Unschuldsvermutung und der Persönlichkeitsschutz.


Der Beamte handelte, so steht es in seinem Statement, um der Öffentlichkeit "ein für alle Mal zu zeigen, welche Tat nach vorläufiger Ansicht der Staatsanwaltschaft Chemnitz stattgefunden hat". Er wolle, dass "Medien nicht mehr die Hoheit haben, den tatsächlichen Tatablauf in Frage zu stellen". Dass er sich mit der Weitergabe strafbar gemacht habe, sei ihm nicht klar gewesen. Der Mann wurde mittlerweile suspendiert.


Klarmachen, was nach "vorläufiger Ansicht" stattgefunden hat - dieser Satz ist ein Widerspruch in sich. Er ist entlarvend, so wie das gesamte Statement.


Ein Manöver, um Hass zu schüren


Klarheit bringt der Prozess, und der ist öffentlich. Damit die Wahrheit ans Licht kommt, muss man also keinen Haftbefehl durchstechen. Deswegen ist das auch kein Akt des zivilen Ungehorsams, als der er nun inszeniert wird. Sondern ein Manöver, um Hass gegen Flüchtlinge zu schüren.


Schwerwiegend ist der Vorgang auch, weil es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Ein Bundespolizist aus Bremen teilte das Dokument bei Facebook. Auch ihm sei nicht bewusst gewesen, dass es sich um eine Straftat handle.


Und einem LKA-Mann war offenbar nicht klar, dass Journalisten Demonstrationen filmen dürfen. "Frontalaufnahme!", rief er Reportern am Rande einer Kundgebung in Dresden zu, als handle es sich um einen Tatbestand des Strafgesetzbuches. Polizisten hielten die Reporter dann 45 Minuten fest - ein Verhalten, das unverhältnismäßig war.


Die Fälle zeigen, dass es Menschen gibt, die dem Rechtsstaat dienen sollen - und mit seinen Prinzipien nicht vertraut sind. Wenn ein LKA-Mann, ein JVA-Beamter und ein Bundespolizist ein so verqueres Verständnis des Rechtsstaates offenbaren, dann ist das ein besonderer Grund zur Sorge. Wenn sie nicht für dessen Prinzipien einstehen - wer dann?